Gleichwertigkeitsnachweise nach Beiblatt 2
Daniel Kehl und Robert Borsch-Laaks haben mittlerweile über 30 Anwenderseminare zur Software Therm gemacht und diverse Vorträge über die Themen "Wärmebrücken und Schimmel" gehalten und es ist festzustellen, dass während oder nach den Seminaren immer wieder gleiche oder ähnliche Fragen auftauchen. Zum einen sind dies Fragen allgemeiner Art zum Thema Wärmebrücken und Schimmel, zum anderen Fragen zu der Wärmebrücken-Software Therm und unserer Auswertesoftware Psi betrifft. Daher haben wir uns entschieden, diese Rubrik(en) weiter auszubauen und Ihre Fragen zu beantworten.
Frage 1:
Im Beiblatt 2 der DIN 4108 findet man bei der Ermittlung des Psi-Wertes keine Temperaturangaben sondern nur 0 und 1. Wie ist das zu verstehen und mit welchen Temperaturen muss man rechnen?
Der Psi-Wert bezieht sich auf einen Kelvin Temperaturunterschied. Daher ist es egal mit welchem Temperaturunterschied man rechnet; daher auch keine konkrete Angabe im Beiblatt 2 der DIN 4108. Da aber unser Temperaturempfinden auf 20°C innen und eine kalte Wintertemperatur außen eingestellt ist, werden niedrige Aussentemperaturen gewählt; egal ob man mit -5 -10°C. rechnet. Machen Sie doch mal den Test!
ACHTUNG: Dies gilt solange nur zwei Temperaturzonen (innen und aussen) vorhanden sind. Gibt es z.B. drei Temperaturzonen (innen, außen, unbeheizter Keller) müssen die Temperaturunterschiede zueinander passen. D.h. bei 20°C innen und -5°C außen, ergibt sich bei einem Temperaturkorrekturfaktor zum unbeheizten Keller von 0,6 eine Kellertemperatur von: 20-0,6*(20-(-5))= 5°C. Bei -10°C Außentemperatur wären es 20-0,6*(20-(-10))= 2°C Kellertemperatur.
Frage 2:
Wie berechnet man die Wärmebrückenkoeffizienten (Psi-Wert) bei Dächern oder im Holzbau? Schneidet man im Gefach sowie im Sparren und mittelt dann die Psi-Werte?
Theoretisch ist es richtig, dass beim Schnitt durch das Gefach und durch den Sparren zwei unterschiedliche Wärmebrückenkoeffizienten (Psi-Werte) herauskommen. Im Gefach liegt der außenmaßbezogene Psi-Wert i.d.R. höher (d.h. schlechter), da sich die Materialien mit höherer Wärmeleitfähigkeit (z.B. Pfette, Eckständer etc.) stärker "bemerkbar" machen. Es wäre aber mühsam, alle Details doppelt zu berechnen und dann noch eine Mittelung zu machen. Daher hat man sich darauf verständigt, dass man nur den Psi-Wert im Gefach berechnet. Das liegt ingenieurmäßig auf der sicheren Seite.
Frage 3:
Wie sind die Außenmaße speziell beim Fenster definiert?
Antwort Deutschland:
Nach Beiblatt 2 der DIN 4108 ist das Rohbaumaß das Außenmaß beim Fenster - sprich: "Fenstermaß plus Einbaufuge". Die nebenstehende Grafik aus dem Beiblatt verdeutlicht dies. Dies hat sehr große Vorteile: a) In der Regel beinhalten die Bauzeichnungen die Rohbaumaße. D.h man muss nichts auf andere Maße umrechnen. b) Außenmaßbezüge älterer Wärmebrückenkataloge sind bspw. bei Wärmedämmverbundsystemen mit der Überdämmung des Fensterrahmens "mitgewandert". Hier müssten jedes Mal zur Berechnung der Wärmebrücken- und Gebäudeenergieverluste durch die Änderung des Außenmaßes sowohl die Flächen des Fensters als auch der Außenwand geändert werden, was extrem unkomfortabel ist.
Antwort Schweiz:
In der Schweiz ist das Aussenmass des Fensters, das lichte Aussenmass. Dies ergibt allerdings das oben beschriebene Problem. Siehe auch PDF-Datei.
Antwort Österreich:
In Österreich wird das Außenmaß des Fensters als das Stockmaß des Fensters definiert; sprich: "Fenstermaß ohne Einbaufuge".
Frage 4:
Wie kann der Gleichwertigkeitsnachweis für Details geführt werden, die nicht im Beiblatt 2 der DIN 4108 stehen?
Es kann nur ein Nachweis für Details geführt werden, die im Beiblatt 2 der DIN 4108 enthalten sind. Einige Details fallen unter die Bagatellregel des Beiblattes, weil sie entweder gut überdämmt (mind. 100 mm, bespw. Geschossdecke) sind oder negative PSI-Werte ergeben (bspw. Außenecke). Für die anderen Anschlüsse, bei denen es vielleicht Sinn machen würden, findet der Planer aber keinen passenden Grenzwert. Allerdings ist es schwierig im Beiblatt alle relevanten Details zu erfassen.
Frage 5:
Was führt man den Gleichwertigkeitsnachweis bei Details, die im Beiblatt 2 der DIN 4108 enthalten sind, aber bessere U-Werte enthalten als die Bauteile im Beiblatt.
Die EnEV 2009 schreibt dazu: "Soweit dabei Gleichwertigkeitsnachweise zu führen wären, ist dies für solche Wärmebrücken nicht erforderlich, bei denen die angrenzenden Bauteile kleinere Wärmedurchgangskoeffizienten aufweisen, als in den Musterlösungen der DIN 4108 Beiblatt 2: 2006-03 zugrunde gelegt sind."
Hier liegen aber zwei grundlegende Missverständnisse vor:
- Wenn die U-Werte der Einzelbauteile besser werden, kann sich der Wärmebrückeneinfluss um so mehr bemerkbar machen; der außenmaßbezogene Psi-Wert kann somit größer werden. Daher macht der Verordnungstext wenig Sinn.
- Das Beiblatt ist kein Wärmebrückenkatalog und war auch nie dafür gedacht. Es legt nur die Detailstandards fest. Weicht man ab, sind bestimmte Wärmebrückenkoeffizienten (Psi-Werte) einzuhalten. Und nun kommt das Entscheidende: Die Psi-Werte aus dem Beiblatt enthalten bereits einen „Zukunftszuschlag“, weil der Normen-Arbeitsgruppe durchaus bewusst war, dass die verwendeten U-Werte ein zu enges Korsett sind und sich durch steigende Dämmstärken verändern werden.
Besser und fachlich richtig müsste es heißen: "Haben die angrenzenden Bauteile kleinere Wärmedurchgangskoeffizienten als sie in der DIN 4108 Beiblatt 2: 2006-03 zugrunde gelegt sind, sind die Konstruktionsprinzipien beizubehalten und entsprechend den Dämmstärken anzupassen. Ansonsten ist die Gleichwertigkeit nachzuweisen.“
Weitere Erläuterungen finden Sie im Heft Holzbau - die neue quadriga Kehl, Daniel: Wärmebrückennachweis gemäß EnEV 2009 und KfW - Ein Klick zu mehr Geld; Ausgabe 02/2010; Kastner-Verlag, Wolnzach 2010